Vorsorge für den Pflegefall

Pflegefall in der Familie – und nun?

Ein Unfall oder eine Krankheit und plötzlich ist ein Familienmitglied ein Pflegefall. Nicht immer kündigt sich das Eintreten einer solchen Situation an. Gestern war das ältere Familienmitglied noch völlig selbstständig, nach einem Sturz, einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall sieht das von heute auf morgen ganz anders aus. Ein solcher Fall kann eine Familie vor gravierende Herausforderungen stellen und neben den persönlichen Anforderungen kommen nicht selten auch noch finanzielle Aspekte hinzu. Solange alle Familienmitglieder noch völlig fit sind, ist das Thema Pflegefall ein gerne verdrängtes Thema.

Was bedeutet Pflegebedürftig?

Ob ein Mensch pflegebedürftig ist oder nicht, ist allerdings amtlich festgelegt. Das bedeutet: Durch ein Gipsbein wird man nicht zum Pflegefall. Pflegebedürftig sind nach dem Gesetz Menschen, bei denen eine geistige, körperliche oder seelische Krankheit beziehungsweise eine entsprechende Behinderung eine Hilfe in »erheblichem oder höherem Maße« benötigen. Das schließt neben der Körperpflege auch die Themen Mobilität, Ernährung und Haushalt mit ein. Wichtig ist dabei, dass der Zustand entweder dauerhaft, mindestens aber für sechs Monate anhält und dass die Person tatsächlich auf Hilfe angewiesen ist.

Welche Pflegestufen gibt es?

Grundsätzlich gibt es drei Pflegestufen, die jeweils unterschiedliche Pflegebedürfnisse beinhalten.

Unter Pflegestufe I versteht man eine erhebliche Pflegebedürftigkeit. Pflegestufe II bedeutet schon eine Schwerpflegebedürftigkeit und Pflegestufe III ist die sogenannte Schwerstpflegebedürftigkeit.

Unter ambulanter Pflege versteht man die Versorgung der pflegebedürftigen Personen durch einen Pflegedienst, der entweder gewerblich tätig ist oder durch eine Sozialstation. Hier arbeiten ausgebildete Pfleger/innen und übernehmen zumindest die Grundversorgung. Der Bedarf für ambulante Pflege kann aus verschiedenen Gründen auftreten: Angehörige wohnen zu weit weg, vielleicht können sie sich aber auch nicht um die Pflegebedürftigen kümmern. Oft sind es aber auch fachliche Gründe, die der privat organisierten Pflege im Wege stehen. Schließlich kann es im Pflegefall nötig werden, Verbände zu wechseln oder Medikamente zu verabreichen. Damit können pflegende Angehörige schnell überfordert sein. Manchmal lassen es aber auch die familiären Verhältnisse nicht zu, dass Angehörige pflegen.

Die Entscheidung über einen Pflegebedarf ist ein Zusammenspiel mehrerer Dienste. Die letztendliche Entscheidung liegt bei den Pflegekassen. Zuvor muss jedoch eine Begutachtung des sogenannten medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) bei den Betroffenen selbst erfolgen. Der MDK legt ein Gutachten vor, in dem er beurteilt, ob überhaupt Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und in welchem Maße, sprich welche Pflegestufe vergeben wird.

Der medizinische Dienst der Krankenkassen ist den meisten Menschen eher als begutachtende Stelle von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen bekannt. Die Beurteilung des tatsächlichen Pflegebedarf beruht dann auf einer Besichtigung des häuslichen Umfelds und der Beurteilung desselben. Außerdem wird festgestellt, inwieweit der Betroffene in der Lage ist, sich selbst zu versorgen und welche Hilfestellungen er im Alltag wirklich benötigt. Dazu finden, sofern möglich, Gespräche mit den Betroffenen und möglichen pflegenden Angehörigen statt.

Ein einmal erstelltes Gutachten ist jedoch nicht auf Dauer gültig. Spätestens nach einem Jahr findet eine erneute Begutachtung statt. Schließlich kann sich im Lauf eines Jahres vieles nicht nur in der Situation des Patienten, sondern auch in der Situation der Angehörigen verändert haben. Im Akutfall kann auch schon vorher eine erneute Begutachtung stattfinden.

Welche Leistungen gibt es in welchen Pflegestufen?

Unter Pflegestufe I, also erheblicher Pflegebedürftigkeit, versteht man, dass der Betroffene mindestens einmal am Tag Hilfe bei mindestens zwei Tätigkeiten aus der sogenannten Grundpflege, also Ernährung, Körperpflege oder Mobilität, benötigt. Dazu kommt mehrfach in der Woche eine Hilfestellung bei der Haushaltsführung. Auch ein zeitliches Fenster ist gesetzlich geregelt: Wöchentlich müssen 90 Minuten im Tagesdurchschnitt, davon 45 Minuten Grundpflege, anfallen.

Pflegestufe II, also Schwerpflegebedürftigkeit, ist dann gegeben, wenn die entsprechende Hilfe mindestens dreimal am Tag, zu jeweils unterschiedlichen Zeiten nötig ist. Die Hilfe im Haushalt muss mehrmals wöchentlich nötig sein. Hier ist das zeitliche Fenster auf drei Stunden im wöchentlichen Tagesdurchschnitt festgelegt, davon mindestens zwei Stunden Grundpflege.

Pflegestufe III, also Schwerstpflegebedürftigkeit, ist so definiert, dass die Hilfestellung bei der Grundpflege rund um die Uhr, also Tag und Nacht, benötigt wird. Außerdem muss die pflegebedürftige Person mehrmals in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Hier ist das definierte Zeitfenster natürlich am größten: Der wöchentliche Tagesdurchschnitt muss bei fünf Stunden liegen, davon allein mindestens vier Stunden Grundpflege.

Die häufig angeführte Pflegestufe 0 ist keine eigentliche Pflegestufe, sondern bedeutet lediglich, dass keine Pflegebedürftigkeit vorliegt. Doch auch, wenn keine eigentliche Pflegebedürftigkeit vorliegt, können Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch genommen werden.

Ist häusliche Pflege möglich?

Unter häuslicher Pflege versteht man, dass die pflegebedürftige Person in ihrem eigenen häuslichen Umfeld versorgt wird. Dies geschieht meist durch Familienangehörige. Die meisten Familien und, sofern sie das selbst beurteilen können, auch die Betroffenen selbst, ziehen in der Regel eine häusliche Pflege vor. Schließlich möchte man den Menschen so lange wie möglich eine bestimmte Art selbstbestimmtes Leben ermöglichen.

Auch die Lebensqualität ist hier ein wichtiger Aspekt. Gerade im Fall der pflegenden Angehörigen, was häufig erwachsene Kinder oder Enkel sind, findet gesellschaftlich häufig eine Verdrängung statt. Viele betrachten es als eine Selbstverständlichkeit, dass ältere Verwandte einfach durch die Familie versorgt werden. Über die nicht nur körperliche, sondern auch psychische Belastung und den teils damit verbundenen Verdienstausfall macht sich dabei kaum jemand Gedanken.

Gerade im Fall von beginnender Demenz findet oft ein schleichender Übergang statt. Die Betroffenen können sich immer schlechter selbst versorgen. Bei einem Schlaganfall, einem Herzinfarkt oder einem Unfall sieht das schon anders aus. Nach einer Phase der akuten Betroffenheit, auch im Umfeld, tritt aber schon bald die gewohnte Verdrängung ein. Die Verwandten übernehmen immer mehr Aufgaben. Dabei gibt es auch hier die Möglichkeit, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, jeweils an die aktuelle Situation angepasst.

Demenz – ein Sonderfall

Bei dem einen beginnt es mit zunehmender Vergesslichkeit, andere werden psychisch auffällig, indem sie immer häufiger wüste Verdächtigungen gegen ihr Umfeld aussprechen, wieder andere ziehen sich immer mehr in sich zurück, sprechen weniger und wirken allgemein fahrig: Die Rede ist von beginnender Demenz, die häufig schwer von allgemeiner Vergesslichkeit oder einer Art Altersstarrsinn abzugrenzen ist. Tatsache ist: Demenz ist beim Thema Pflege ein Sonderfall. Doch gerade hier herrschen gesellschaftlich die größten Tabus. Niemand spricht gerne darüber, dass ein Angehöriger dement wird. Dabei stellt gerade Demenz pflegende Angehörige vor erhebliche Probleme. Schließlich ist den Betroffenen ihre beginnende Demenz häufig gar nicht bewusst. Eventuell bemerken sie eine »kleine Vergesslichkeit«, die aber durch diverse Winkelzüge überspielt werden kann.

In der Realität bedeutet Demenz für pflegende Angehörige ein ständiges Aufmerksamsein, viel Kontrolle, aber auch jede Menge Einfühlungsvermögen. Schließlich möchte man dem Pflegebedürftigen möglichst lange das Gefühl einer Selbstbestimmung geben.

Besonders wichtig ist nach der Diagnosestellung eine gute Organisation der Hilfestellungen. Um spätere Schuldzuweisungen zu vermeiden, ist es wichtig, dass möglichst die gesamte betroffene Familie Entscheidungen gemeinsam trifft. Das sollte beinhalten, wer welche Hilfestellungen übernehmen kann und auch, welche Hilfestellungen eben nicht von der Familie getragen werden können und wann professionelle Hilfe auf jeden Fall eingeschaltet wird.

Was kostet eigentlich Pflege heute?

Immer wieder hört man von steigenden Pflegekosten. Was aber tatsächlich anfällt, ist vielen gar nicht bewusst. Tatsächlich fallen je nach Art der in Anspruch genommenen Pflege unterschiedliche Kosten an.

Bei Pflegestufe I kann man im Fall einer ambulanten Pflege durch einen Pflegedienst von Kosten in Höhe von 850 Euro ausgehen. Davon übernimmt die gesetzliche Pflegeversicherung 450 Euro, was eine Finanzierungslücke von 400 Euro ergibt.

Bei Pflegestufe II kommt man im gleichen Fall auf Pflegekosten von 2000 Euro, wovon die Pflegeversicherung 1100 Euro übernimmt. Übrig bleiben 900 Euro, die zu finanzieren sind.

Noch gravierender sieht es bei Pflegestufe III aus: Die entstehenden Kosten von 3500 Euro werden nur in Höhe von 1550 Euro von der gesetzlichen Pflegeversicherung übernommen. Die übrigen 1950 Euro müssen anderweitig aufgebracht werden.

Wird eine stationäre Pflege nötig, sieht die Rechnung sogar noch anders aus:

In Pflegestufe I fallen 2300 Euro an, die nur in Höhe von 1023 Euro von der Pflegeversicherung abgedeckt wird. Übrig bleiben hier 1277 Euro.

Bei Pflegestufe II ist von Kosten in Höhe von 2700 Euro auszugehen. 1279 Euro werden dabei von der Pflegeversicherung übernommen. Übrig bleiben hier 1421 Euro.

In Pflegestufe III fallen sogar 3300 Euro an, die lediglich noch in Höhe von 1550 Euro von der Pflegeversicherung abgedeckt sind. Hier entsteht eine Deckungslücke von 1750 Euro.

Wer kommt für die Pflegekosten auf?

 

Wie schon erwähnt, kommt die gesetzliche Pflegeversicherung nur teilweise für die Pflegekosten auf. Der Rest kann Betroffene und Angehörige vor ernsthafte finanzielle Probleme stellen. Nicht selten nehmen daher Familien eine professionelle Pflege nicht oder nur unzureichend in Anspruch. Die Folge ist in der Regel eine massive Überlastung bis hin zum Zusammenbruch pflegender Angehöriger.

Nicht selten wird der größte Teil der Rente für die Finanzierung der Deckungslücke aufgewendet. Schließlich hat nicht jeder das Glück, eine Immobilie, die im Fall einer stationären Pflege vermietet werden kann, um die Finanzierungslücke zu stopfen.

Die Rechtssprechung hat sich im Fall der Deckung einer Finanzierungslücke im Pflegefall schon vielfältig geäußert. Grundsätzlich gilt: Nur leibliche Kinder sind haftbar. In der Realität wird aber ein gut verdienender Ehepartner in häuslicher Gemeinschaft auch mit herangezogen. Haben die leiblichen Kinder aber kein oder ein zu geringes Einkommen, sind sie auf der sicheren Seite. Die Grenze liegt hier bei netto 1800 Euro. Grundsätzlich haften also im Pflegefall Kinder für ihre Eltern. Ist eine Finanzierung durch die Angehörigen nicht möglich, tritt das Sozialamt ein.

Ein Pflegefall kann im Zweifel richtig teuer werden. Um entsprechende Deckungslücken zu finanzieren, gibt es staatlich geförderte Pflegezusatzversicherungen und Pflegetagegeldversicherungen, die im Ernstfall eintreten. Hier gilt: Vorsorge ist besser als Nachsorge.

Heutzutage werden Menschen immer älter. Doch statt darüber froh zu sein, müssen sich immer mehr Menschen ernsthafte Sorgen um ihre spätere Versorgung machen. Lassen Sie es nicht so weit kommen. Gerne beraten wir Sie zu Ihrer bestmöglichen Versorgung bis ins hohe Alter.

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